Archiv für den Monat November 2016

Hupen 1×1

Wer hupt da?

Taxen
dolmuşlar
Roller
Tram
LKWs
Autos
Motorräder
Fähren
Schiffe

Jeder.
Doch was bedeutet das eigentlich ?

Langes Hupen: Warum geht das nicht voran?!, Fahr schneller!, Bist du bescheuert, so über die Straße zu laufen?!, Bist du bescheuert, mir fast reinzufahren?!, Lass mich vorbei!, Ich fahre gleich los!, Mach mal Platz!
Kurzes Hupen: Ich bin da!, Mach mal Platz!, Ich fahre gleich los!
Viel Hupen: Hallo!, Möchtest du mitfahren?, Tschüß!, Ich fahre jetzt los., Warum geht das nicht voran?!, Bist du bescheuert, so über die Straße zu laufen?!, Bist du bescheuert, mir fast reinzufahren?!, Lass mich vorbei!, Mach mal Platz!

Und die Moral von der Geschicht‘: Langes, aber vor allem viel Hupen kann so richtig viel heißen, schadet nie und wird immer gemacht.

Und in der Zwischenzeit…

… waren mal spontan einen dreiviertel Tag fast alle sozialen Medien gekappt, damit Videos von Verhaftungen, die auch durch die deutschen Medien gingen, nicht verbreitet werden konnten. Das war letzte Woche Freitag. Freitag und Samstag waren Demonstrationen in der Stadt, die sich für die kurdische Bewegung ausgesprochen haben – von denen habe ich aber nicht mitbekommen. Außerdem roch es in der Innenstadt vor allem am Freitagabend stark nach Tränengas, das bei entsprechenden kleinen Ausschreitungen eingesetzt wurde.
Dass das Internet/soziale Medien kaum funktioniert haben, habe ich erst so richtig auf der Arbeit festgestellt. Ich habe mich dann kurz mit meinem Mitbewohner per SMS darüber verständigt. Interessant: Alle SMS wurden versendet, nur eine, in der die Partei, deren Mitglieder verhaftet wurden, stand, wurde niemals verschickt (ja, ich schreibe den Namen hier nun absichtlich nicht hin…).Seit Mittwoch weiß ich nun auch, dass die Polizei SMS an die Menschen in der Stadt verschickt. Ganz freundlich wurde ich per SMS darauf hingewiesen, dass ich doch meine Bankdaten, meinen Namen etc. besser an niemanden weitergeben solle. Thanks for the information!

… hatte ich Besuch! Und wir haben viel Touri-Programm gemacht, aber auch die Bootsfahrten genossen und einfach nur die Stadt angeschaut. Leider mussten wir feststellen, dass die Bazare um 19 Uhr schließen, dafür gab es dann am ersten Tag aber „Istanbul-bei-Nacht-Programm“ – und das lohnt sich!
Die Blaue Moschee und die Hagia Sophia sind nachts unglaublich schön beleuchtet.
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Wir haben dann einen Tag später auch den Bazaren einen Besuch abgestattet. Während der Ägyptische Bazar völlig überfüllt war, weil u. a. irgendwer politisch wichtiges dort mit vielen Menschen um sich herum Fotos in Teppichgeschäften gemacht hat, haben wir umso mehr Zeit auf dem Großen Bazar verbracht. Nach ca. zwei Stunden haben wir festgestellt, dass wir trotzdem nicht mal die Hälfte des Bazars gesehen hatten. Es war wieder sehr beeindruckend, wie viele verschiedene Dinge verkauft wurden: Teppiche, Tshirts, Antiquitäten, Schmuck, Gewürze, Essen, Schals und vieles vieles mehr. Ich kam dieses Mal nicht drum herum und habe mir ein (wie ich finde sehr gut verhandeltes) schönes Backgammon-Spiel aus Holz gekauft. Funfact: Dieses sehr hochwertige Spiel habe ich dann eingepackt in Minions-Papier in einer Plastiktüte mit Motorsäge drauf bekommen.
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Wir haben uns auch den Topkapı Palast angeschaut. Leider ist aber zur Zeit ein großer Teil aufgrund von Sanierungsarbeiten gesperrt, sodass wir den Teil mit Ausblick aufs Wasser nicht sehen konnten. Aber auch so waren einige Teile der Ausstellungen sehr beeindruckend.
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img_5568Auch der Gülhane-Park vor dem Palast ist sehr schön. Im Frühling ist wohl der ganze Park voller Tulpen, aber auch jetzt waren viele Gärtner dabei, Pflanzen zu setzen. Außerdem gibt es viele kleine Papageien dort, für die hoch in den Bäumen Vogelnester angebracht wurden.
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Am Sonntag sind wir dann noch mit der Fähre auf die Büyükada, die größte der Prinzeninseln gefahren.Man fährt von Kadıköy in etwa 1 Stunde und 20 Minuten in den Süden der Stadt. Erstaunlich ist dabei, dass man immer weiter und weiter fährt, die Stadt aber einfach niemals aufhört. Bis zum Schluss konnten wir kein Ende der Stadt sehen. Büyükada ist die letzte Station der Fährfahrt, sodass wir auch vorher schon einen Blick auf die anderen wirklich hübschen Inseln werfen konnten. Alle Inseln sind (größtenteils) Auto-frei, wobei das in erster Linie bedeutet, dass fast nur Elektrofahrzeuge fahren (viele Roller, Fahrräder, …); nur Krankenwagen haben wir mit Motor gesehen. Büyükada besteht zu einem riesigen Teil nur aus Wald. Das in Verbindung mit der unglaublichen Stille ist wirklich ein krasser Kontrast zum Stadtleben in Istanbul, wo es eigentlich nie grün geschweige denn ruhig ist. Man kann dort gut entweder ein Fahrrad mieten oder unterschiedlich lange Kutschfahrten machen. Da wir nicht ausreichend Zeit für eine Fahrradtour hatten, haben wir uns für eine kurze Kutschfahrt entschieden, um wenigstens ein wenig mehr als nur die Fähranleger und das Drumherum zu sehen. Und das hat sich auf jeden Fall gelohnt! Für gut 20€ fährt man eine knappe Stunde über die Insel und kann die Stille, die Natur, aber auch die beeindruckenden Häuser/Villen bestaunen. Die Kutschpferde sahen überraschend gesund aus – wir haben auch andere gesehen, die eher vor die Kutsch-Taxen gespannt waren, die deutlich magerer waren.
Auf der Insel liefen (natürlich) auch unglaublich viele Katzen herum. Neben den Straßenkatzen, die es auch sonst überall in der Stadt gab, liefen aber auch viel zu süße und zutrauliche Babykatzen herum. Eine hätte ich fast mitgenommen – sie ist uns beim Weggehen noch hinterher gelaufen.
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In den drei Tagen haben wir auch viel Essen probiert – vor allem Fischgerichte waren super, aber auch einfache Gerichte wie Linsensuppe oder Lahmacun haben sehr gut geschmeckt. Dazu natürlich immer einen çay. Unterwegs haben wir häufig einen der leckeren frisch gepressten Säfte getrunken – Geheimtipp: Orange mit Granatapfel gemischt! Zum Essen bekommt man immer Brot gereicht. In einem Restaurant haben wir frisch gebackenes Brot bekommen:
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… habe ich viel gearbeitet. Das Praktikum läuft gut: Ich betreue ca. 4 Tage die Woche die Ausstellung „Mathematik zum Anfassen“ mit. Eine wunderbare Ausstellung, die mir als Schülerin viel geholfen hätte! In 16 Exponaten können die SchülerInnen mit mathematischen Phänomenen (Spiegel, Symmetrie, Wahrscheinlichkeit, Logisches Denken, Codes, …) experimentieren, diese erfahren und verschiedene Dinge ausprobieren. Das ganze läuft in den allermeisten Fällen zweisprachig, sodass die SchülerInnen auch in DaZ/DaF geübt werden. Da die SchülerInnen bisher immer unglaublich viel Spaß hatten, arbeite ich dort sehr gern! Ich mache die Einführungen in die Ausstellung, helfe bei den Exponaten (ja ja, ich lege einen Somawürfel jetzt in weniger als 10 Sekunden), unterstütze bei deutschen Formulierungen und lerne selbst noch das eine oder andere Wort auf Türkisch.
Außerdem sind wir gerade mitten in den Vorbereitungen für den Deutschlehrertag in zwei Wochen. Da bin ich schon sehr gespannt drauf, weil ich so viel selbst mit organisiert, vorbereitet und kommuniziert habe. Manchmal bin ich dabei so in die Arbeit vertieft, dass ich abends auf die Uhr schaue und die Überstunden schon angelaufen sind.
An diesem Wochenende und nächste Woche unterstütze ich außerdem bei der International Book Fair Istanbul, bei der auch die Frankfurter Buchmesse zu Gast sein wird. Neben verschiedenen Schülerworkshops werde ich SchriftstellerInnen betreuen und z. B. auch an einer Bootsfahrt mit lyrischem Programm zum Thema „Lyrik und Wasser“ teilnehmen. Das wird sicher spannend, allein schon, weil ich die AutorInnen kennenlernen werde!
Mein Projekt „Hausaufgabenbetreuung“ läuft nun auch in der zweiten Woche. Es kommen mal mehr, mal weniger Lernende, aber es ist immer super! Gerade heute war es sehr spannend, weil ich nur mit Lernenden gearbeitet habe, die gerade erst angefangen haben, Deutsch zu lernen und auch kein Englisch oder sonst irgendeine andere Sprache können. Aber auch das funktioniert und das ist schön zu sehen.
Also: Es ist viel los, viel abwechslungsreich und das finde ich total gut so! Ich bin mit all der Organisation und gleichzeitig der Arbeit mit den SchülerInnen voll in meinem Element und freue mich jetzt vor allem darauf, auch noch mit DeutschlehrerInnen zu arbeiten.

… war Atatürks Todestag. Am 10.11. ist besonders in Kadıköy viel Trubel, weil alle den Todestag gedenken. Die Fackeln an der Atatürk-Statue an den Fähranlegern waren heute angezündet, Kränze wurden abgelegt, Fahnen wehten und Menschen versammelten sich dort. Viele habe ich mit einem kleinen Bild von Atatürk angesteckt an die Jacke oder den Pullover gesehen. Ich finde, es ist wirklich etwas Besonderes, wenn so viele Menschen gleichzeitig in Gedenken sind.
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Wie schön ist das denn?

Voll schön!

Gestern war ich bei einem Couchsurfing-Event, das von einer Gruppe von Menschen unterschiedlichster Herkunft veranstaltet wurde. Sie selbst verfolgen ein Projekt, das sich „Spicyroad“ nennt (http://spicyroad.org    https://www.facebook.com/spicyroad/).  Sie trampen/fahren durch die Gegend, sammeln Rezepte und leisten Freiwilligenarbeit in NGOs, Flüchtlingsunterkünften etc., um mehr über die Arbeit mit geflüchteten Frauen zu erfahren. Start: Berlin. Das Ziel: Vietnam. Und danach zurück nach Berlin, um ein Restaurant zu eröffnen, in dem geflüchtete Frauen einen Arbeitsplatz finden können – und wo die gesammelten Rezepte aus aller Welt verkauft werden.
Die Gruppe verändert sich ständig, ich habe gestern sehr nette Menschen kennengelernt! 🙂 Außerdem finde ich es durchaus total schön, dass es noch Menschen gibt, die sich so für etwas engagieren möchten und sich für andere Menschen einsetzen.
Abgesehen von der Gruppe von „Spicyroad“ habe ich außerdem viele TürkInnen und Syrier kennengelernt – ein sehr netter Haufen und weitere offene Türen für Abenteuer in Istanbul!

Am Wochenende habe ich den höchsten Punkt Istanbuls (im Taxi) erklommen: Çamlıca.
Dort gibt es in erster Linie Funkmasten, aber abgesehen davon auch Cafés und Restaurants sowie Aussichtspunkte mit Blick über fast ganz Istanbul. Ich hatte ein bisschen Pech mit dem Wetter, weil es wolkig und neblig war; ich kann mir aber sehr gut vorstellen, dass man bei gutem Wetter fast bis zum Schwarzen Meer schauen kann. Man sieht in jedem Fall den Bosporus, das Goldene Horn und das Marmara-Meer..20161030_163742_richtonehdr
(auf dem Bild ist nur der Bosporus zu sehen)

Diese riesige Stadt ist jetzt mein Zuhause. Zuhause.. ein sehr großes Wort, das ich aber genauso gern benutze.

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Weil es doch recht kalt wurde, habe ich mich dann noch in eins der Restaurants gesetzt und habe endlich mal verstanden, was es mit den ganzen „Waffle“ auf sich hat. Überall werden Waffeln verkauft, was mich total gewundert hat. Dann habe ich selbst eine bestellt – man kann wirklich niemandem übel nehmen, wenn man das einfach nur unglaublich lecker findet (auch wenn das natürlich sämtliche Mahlzeiten eines Tages ersetzen kann)!

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Ich war nun auch bereits einige Male in der Zweigstelle des Goethe-Instituts auf der asiatischen Seite der Stadt. Auf dem Weg dort hin laufe ich an vielen Cafés und Restaurants vorbei. Eins hatte wegen Krankheit geschlossen. Ich finde es so so schön, was offensichtlich Stammkunden gemacht haben:

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Alles hängt voll mit Genesungswünschen oder kleinen Bildern.

Wie schön ist das denn?