Herzensmoment

Am Wochenende wartete ich an einer Straßenecke auf einen Freund. Nicht weit entfernt saß ein kleines Mädchen und bettelte mit einem Schild in der Hand, auf dem u. a. stand, dass sie Hunger habe (den Rest konnte ich nicht verstehen). Ich vermutete, auf der anderen Straßenseite ihre Eltern oder Verwandten und ihre Geschwister zu sehen, die dort bettelten bzw. auf das durch die Kinder erlangte Geld warteten.

Das Mädchen sah nicht nur traurig und müde aus, für ihr Alter hatte sie auch viel zu wenig Energie, sah aus, als hätte sie überhaupt keine Hoffnung mehr. Ihre Augen ließen vermuten, dass sie irgendetwas konsumiert hatte und eine Träne unterm Auge war noch nicht richtig getrocknet. Innerhalb von Sekunden musste ich an meine Arbeit mit Straßenkindern in Bolivien denken. Dort zu warten, einfach nur rum zu stehen, ohne irgendetwas zu tun, kam gar nicht in Frage. Ich ging zum Kiosk um die Ecke und kaufte für das Mädchen ein Überraschungsei und eine Nuss-Frucht-Mischung.

Damit ging ich zurück zu dem Mädchen und fragte sie, wie sie heißen würde. Völlig verwundert schaute sie mich an, aber traute sich nicht, irgendetwas zu sagen. Ich merkte, dass sie mich auf Türkisch verstehen konnte und erklärte ihr, dass ich etwas zu essen für sie habe. Beides nahm sie mit großen Augen an und lächelte ein wenig. Der Lotto-Verkäufer, der seinen Stand direkt neben ihrem Platz hatte, kannte das Mädchen bereits und sagte mir ihren Namen. Das Mädchen schien ihn zu mögen und bot ihm etwas von den Nüssen an – wie schön!!! Freudestrahlend packte sie dann das Überraschungsei aus, aß die Schokolade und bat mich, ihr beim Öffnen der Überraschungsverpackung zu helfen. Ab dem Moment traute sie sich dann auch, mit mir zu sprechen. Sie freute sich riesig über den Stift im Überraschungsei und war so verwundert, dass er schrieb, dass sie durch das viele Ausprobieren des Stiftes zum Schluss eine ganz rote Hand hatte. Genauso zeigte sie den anderen Kindern, die vorbei liefen, ihren Stift.
Das kleine, zusammengekauerte, traurige Mädchen strahlte auf ein Mal. SO SCHÖN!

Sie erzählte dann, dass es tatsächlich auf der anderen Straßenseite ihre Eltern waren und sie aus Zonguldak, einer Stadt ca. 240 km im Osten Istanbuls, kämen. Sie sei 6 Jahre alt und würde in die erste Klasse gehen. Sie fragte mich auch, ob ich ihr 1 Lira geben könne und verstand es aber sofort, dass ich das nicht machen würde, weil ich ihr ja Essen gekauft hatte.

Man kann Kinder häufig so leicht glücklich machen – besonders die Kinder, die sonst nicht viel haben, sind meistens schon mit so wenig zufrieden. Das sollte sich jedeR viel häufiger zu Herzen nehmen! ❤

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