Heute ist der Nationalfeiertag der Republik Türkei. Bereits gestern war hier ein halber Feiertag. Gefeiert wird die Gründung der Republik – überall wurde darauf aufmerksam gemacht, Flyer wurden verteilt, Plakate hingen überall, viele HändlerInnen haben Fahnen mit der Flagge der Türkei und/oder Atatürk darauf verkauft und ca. seit Beginn dieser Woche wurden überall (hier in meinem Viertel ist es mir besonders aufgefallen) die Straßen mit Girlanden mit Türkeiflaggen und Atatürk-Bildern geschmückt.
Heute hingen aus vielen Fenstern von Wohnhäusern Flaggen, die Minibusse hatten Flaggen in ihren Fenstern, Schaufensterpuppen wurden Flaggen angesteckt – ich hatte das Gefühl, dass viel Stolz ausgedrückt wird.
Zu Ehren des Tages gab es in der Stadt mehrere „Umzüge“, ein wohl besonders großer hier in der Nähe von Kadıköy. Weil ich darauf hingewiesen wurde, habe ich mich auch auf den Weg dorthin gemacht; ich wollte mitbekommen, wie die Menschen hier den Tag feiern.
Ich war beeindruckt von der Stimmung: Menschen fast jeden Alters (wobei es auffällig war, dass es eher junge oder alte Menschen waren, Personen zwischen 20 und 30 habe ich quasi gar nicht gesehen) sind zusammengekommen und haben stolz die Nationalhymne und andere Lieder gesungen, liefen wie bei einem Umzug die Straße entlang, wurden von Menschen in den umliegenden Cafés und Restaurants bejubelt und beklatscht. Viele hielten Bilder von Atatürk hoch, die an Fackeln befestigt waren. So war der ganze Umzug außerdem eine schöne Lichtershow. Abgesehen von den Bildern, Fackeln und Fahnen trugen die Menschen noch die unterschiedlichsten Symbole für die Türkei: Es gab (Helium)Luftballons mit der Flagge der Türkei, rot/weiße Kordeln, um sie sich als Stirnband um den Kopf zu wickeln und sehr viele trugen stolz T-Shirts mit Atatürk darauf.
Ich hatte erst ein sehr komisches Gefühl, weil die Straße so abgesperrt war, man wurde abgetastet, um in den Bereich des Umzugs zu kommen, Taschen wurden durchsucht und in nächster Nähe standen gepanzerte Fahrzeuge der Polizei. Die Stimmung war aber sehr ausgelassen, die Menschen waren fröhlich und fotografierten sich stolz mit ihren Fahnen, die man auch direkt dort in jeder denkbaren Größe kaufen konnte.
Für mich war es recht befremdlich, so viele Menschen Fahnen schwingen zu sehen. In Deutschland machen das so wenige – und wenn, dann wird es heiß diskutiert. „Wie stolz darf man auf sein Land sein?“, „Wie stolz dürfen vor allem Deutsche sein?“ Darum gibt es so viele Diskussionen.. Die Menschen heute Abend auf dem Umzug waren sehr stolz und die Stimmung war so gut, als dass ich mich richtig für sie gefreut habe und sogar selbst eine Fahne mit nach Hause nehmen wollte.