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Oh wie schön ist…

İzmir!

Letzte Woche hatte ich die Möglichkeit, für 3,5 Tage nach İzmir zu fliegen. Einen Tag habe ich beim dortigen Goethe-Institut auf einer Messe geholfen, einen Tag bin ich nach Efes gefahren und die übrige Zeit habe ich die Stadt genossen.

Direkt als ich aus dem Flughafen gegangen bin, bekam ich gute Laune: Mir fiel sofort auf, dass die Menschen lächelten, entspannt waren und fröhlich wirkten. In diesem Kontrast erst ist mir richtig bewusst geworden, dass das in İstanbul einfach überhaupt nicht der Fall ist. Im Vergleich ist İstanbul wirklich anstrengend – umso mehr waren die paar Tage in İzmir richtiger Urlaub.
Ich kam in einem Hotel unter, dass nah an der Altstadt, an Einkaufsmöglichkeiten und vor allem auch nah zum Meer war. Und es war so schön! Ich lief gleich am ersten Tag die Promenade entlang und es war unglaublich ruhig. In İzmir sieht man in die meisten Richtungen Berge, sodass es abends, wenn die Sonne hinter den Bergen untergeht, umso schöner ist.20161206_174954_richtonehdr
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Als ich eine Straße über ein Brücke überquerte musste ich kurz stehen blieben: Es gab viel Verkehr und ich wunderte mich richtig, wie leise es war. Niemand hupte, niemand bremste scharf ab, niemand drängelte. Angenehm! Ich lief zum Uhrturm, ein Wahrzeichen von İzmir, jedoch, um mal ganz ehrlich zu sein, wenig beeindruckend. Zusammenfassung: Uralter kleiner Turm mit einer Uhr zu jeder Seite, wurde mal von ’nem Kaiser geschenkt und das Verrückte ist, dass die Uhren immer noch laufen. Aber durch die Beleuchtung sieht er vor allem abends ganz hübsch aus.
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Das Bazar-Viertel ist nicht deutlich anders als in İstanbul, auch die Möglichkeiten der Stadt sind letztendlich wie in İstanbul (nur weniger, weil die Stadt kleiner ist). Aber: Es ist alles viel entspannter und die Menschen sind deutlich freundlicher. Es war richtig erholsam, durch die Straßen zu schlendern und einfach mal nach links und rechts zu schauen, ohne hupenden Autos aus dem Weg gehen zu müssen, ohne dass einem ständig versucht wird etwas anzudrehen, sondern fröhliche Menschen dabei zu sehen.
Interessant fand ich, dass in İzmir viel mehr Hunde als Katzen rumgelaufen sind.

In einer Gegend von İzmir gibt es viele Mandarinenplantagen. Nach der Messe sind wir dort mit dem Auto entlang gefahren und die Arbeiter sagten, wir sollen stehen bleiben. Sie schenkten uns einige Mandarinen und zeigten uns eine Technik, den das Mandarinenessen so viel einfacher macht: Richtig reife Mandarinen kann man einfach in der Mitte durchbrechen und dann die einzelnen Stücke herausnehmen – sie lösen sich ganz von allein von der Schale. Großartig! Wir unterhielten uns kurz mit den Arbeitern und dem Mädchen, das dort auch arbeitete und fuhren dann weiter.
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Am zweiten Tag bin ich abends dann noch mit Musikern aus München, die auf der Messe aufgetreten sind, und Freunden von denen ein harmloses Bier trinken gegangen, das dann aber in einem grandiosen Rakı-Abend mit vielen Meze, kleinen Vorspeisen, endete. Das erste Mal war ich in einer Meyhane – ein typisches Restaurant, in dem türkische Musik (meistens life) gespielt wird, Meze gegessen werden und viel viel Rakı getrunken wird. Rakı mischt man in dem dafür vorgesehenen Glas mit Wasser, sodass es eine milchige Farbe bekommt – ohne Mischung kann den 45%-Schnaps aber auch wirklich nicht trinken! In der Mischung schmeckt er dann wie eine Art weicher Sambuca, zu dem man aber auf jeden Fall etwas essen sollte, klassischer Weise Fisch.
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Am letzten Tag bin ich nach Efes – UNESCO Weltkulturerbe – gefahren. Im Hotel fragte ich nach den Preisen ihrer täglichen Touren: 80€, weil nun aber nicht Saison ist, würden sie einen Sonderpreis von 70€ machen. Die armen Reisenden, die so viel Geld ausgeben!!! Ich lief zum nächsten Busunternehmen und buchte meine Fahrt in eine Kleinstadt in der Nähe von Efes: 10 TL hin, 10 TL zurück. Der Bus von dort nach Efes: 2,50TL hin, 2,50TL zurück. Eintritt: 40TL plus 20TL für die Terrassenhäuser. Dann fehlte mir, um auf das Level der Tour vom Hotel zu kommen, ein englischsprachiger Guide und ein Mittagessen. Englischsprachiger Guide? Wozu?! Vor gefühlt jedem Stein in Efes gab es Informationsschilder. Und Wikipedia kann ich auch… Mittagessen? In dem Restaurant vorm Eingang in Efes? Gut, dass ich Kekse und ein Brötchen dabei hatte! Ich fasse zusammen: Ich habe insgesamt 85 TL ausgegeben, also ca. ein Drittel (!) von dem, was im Hotel verlangt wurde. Also: Watch out vor Touristen-Abzocke!
Efes ist atemberaubend. Sehr viel der Stadt ist so gut restauriert, als dass man sich wirklich vorstellen kann, wie die Strukturen dort früher waren: Amphitheater, Marktplatz, Häuser, Schulen, eine Kirche mit der Grabstätte Marias u. v. m. Ich hatte Glück, weil ich unter der Woche dort war. Das Wetter war unglaublich schön, trotzdem waren kaum TouristInnen dort. Zwei geführten Touren von fotosüchtigen AsiatInnen konnte ich gerade so noch aus dem Weg gehen und war dann manchmal sogar ganz allein bei einigen Sehenswürdigkeiten. So hatte ich die Möglichkeit, mein Mittagessen auf den Stufen des Amphitheaters zu essen und die Atmosphäre zu genießen. In Efes liefen (wie auch sonst) unglaublich viele Katzen rum, die das ganze Bild noch viel schöner gemacht haben.
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Time is running

Gute 2 Monate bin ich nun schon hier – diese Zeit hat es auch knapp gebraucht, wirklich anzukommen, mich einzuleben, nette Menschen kennenzulernen, etc.

Jeder Besuch aus Deutschland hat gezeigt, wie sehr ich tatsächlich schon hier bin: Zu wissen, welche Ecken schön sind, wie man wo hin kommt, welche Wege die besten sind. Ich habe gezeigt, wo ich lebe – ein gutes Gefühl!

Mit dem letzten Besuch bin ich abends auf den Galata-Turm gegangen. Abgesehen davon, dass es selbst für ein Wochenende überraschend voll war – wir mussten gut eine halbe Stunde anstehen – , ist der Ausblick auch bei Nacht einfach überragend schön.
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Außerdem gesellte sich eine Möwe zu uns, die ähnlich wie in Hamburg einfach zum Stadtbild dazugehören.
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Wir liefen außerdem viel durch die Stadt und ließen es uns mit Baklava, kahve und çay gut gehen.
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Wir waren auch in der Blauen Moschee. Es war gut, nochmal hinzugehen und nicht allein dort zu sein. So konnte ich die Architektur der Moschee viel besser auf mich wirken lassen und habe mich nicht nur schlecht gefühlt, weil ich mich verhüllen musste. Wir waren kurz vor Öffnung für BesucherInnen da, sodass wir noch im Innenhof der Moschee sitzen und die Gebetsgesänge aus allen Richtungen hören konnten. Das ist ein sehr beeindruckender Moment!
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Die Zeit mit viel Arbeit ist im Goethe-Institut ist nun erstmal vorbei. Im November war die Mathe-Ausstellung, die Buchmesse und auch der Deutschlehrertag – alles Veranstaltungen mit viel Vorbereitung, Betreuung und teils Nachbereitung. Besonders die Buchmesse und den Deutschlehrertag konnte ich gut auch selbst nutzen, um interessante AutorInnen kennenzulernen und an spannenden Workshops teilzunehmen. Auf der Buchmesse ist dabei mit dem Fotoillustrator Jan von Holleben dieses großartige Foto entstanden:
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Jetzt im Dezember freue ich mich u. a. noch auf Stadtrallyes mit SchülerInnen, die ich selbst überarbeitet habe – gleich morgen kommt die erste Gruppe.

Auch in Istanbul ist es mittlerweile recht kalt geworden, das hatte ich zuvor wirklich völlig unterschätzt. Besonders mit Wind ist es am Meer ja schnell frisch… Nachdem es hier auch ein paar sehr regnerische Tage gab, scheint seit gestern wieder die Sonne, sodass ich die Gelegenheit genutzt habe, mal wieder zur Seepromenade zu laufen. Neben den vielen Dingen, die ich nun doch mal für die Uni machen muss, ist das eine sehr schöne Abwechslung!
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Kurz vor knapp habe ich nun doch auch tatsächlich eine Tandem-Partnerin. Vielleicht schaffe ich es ja so noch, ein paar neue Sachen zu lernen, die ich im Alltag sonst nicht mitbekomme 🙂

Und in der Zwischenzeit…

… waren mal spontan einen dreiviertel Tag fast alle sozialen Medien gekappt, damit Videos von Verhaftungen, die auch durch die deutschen Medien gingen, nicht verbreitet werden konnten. Das war letzte Woche Freitag. Freitag und Samstag waren Demonstrationen in der Stadt, die sich für die kurdische Bewegung ausgesprochen haben – von denen habe ich aber nicht mitbekommen. Außerdem roch es in der Innenstadt vor allem am Freitagabend stark nach Tränengas, das bei entsprechenden kleinen Ausschreitungen eingesetzt wurde.
Dass das Internet/soziale Medien kaum funktioniert haben, habe ich erst so richtig auf der Arbeit festgestellt. Ich habe mich dann kurz mit meinem Mitbewohner per SMS darüber verständigt. Interessant: Alle SMS wurden versendet, nur eine, in der die Partei, deren Mitglieder verhaftet wurden, stand, wurde niemals verschickt (ja, ich schreibe den Namen hier nun absichtlich nicht hin…).Seit Mittwoch weiß ich nun auch, dass die Polizei SMS an die Menschen in der Stadt verschickt. Ganz freundlich wurde ich per SMS darauf hingewiesen, dass ich doch meine Bankdaten, meinen Namen etc. besser an niemanden weitergeben solle. Thanks for the information!

… hatte ich Besuch! Und wir haben viel Touri-Programm gemacht, aber auch die Bootsfahrten genossen und einfach nur die Stadt angeschaut. Leider mussten wir feststellen, dass die Bazare um 19 Uhr schließen, dafür gab es dann am ersten Tag aber „Istanbul-bei-Nacht-Programm“ – und das lohnt sich!
Die Blaue Moschee und die Hagia Sophia sind nachts unglaublich schön beleuchtet.
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Wir haben dann einen Tag später auch den Bazaren einen Besuch abgestattet. Während der Ägyptische Bazar völlig überfüllt war, weil u. a. irgendwer politisch wichtiges dort mit vielen Menschen um sich herum Fotos in Teppichgeschäften gemacht hat, haben wir umso mehr Zeit auf dem Großen Bazar verbracht. Nach ca. zwei Stunden haben wir festgestellt, dass wir trotzdem nicht mal die Hälfte des Bazars gesehen hatten. Es war wieder sehr beeindruckend, wie viele verschiedene Dinge verkauft wurden: Teppiche, Tshirts, Antiquitäten, Schmuck, Gewürze, Essen, Schals und vieles vieles mehr. Ich kam dieses Mal nicht drum herum und habe mir ein (wie ich finde sehr gut verhandeltes) schönes Backgammon-Spiel aus Holz gekauft. Funfact: Dieses sehr hochwertige Spiel habe ich dann eingepackt in Minions-Papier in einer Plastiktüte mit Motorsäge drauf bekommen.
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Wir haben uns auch den Topkapı Palast angeschaut. Leider ist aber zur Zeit ein großer Teil aufgrund von Sanierungsarbeiten gesperrt, sodass wir den Teil mit Ausblick aufs Wasser nicht sehen konnten. Aber auch so waren einige Teile der Ausstellungen sehr beeindruckend.
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img_5568Auch der Gülhane-Park vor dem Palast ist sehr schön. Im Frühling ist wohl der ganze Park voller Tulpen, aber auch jetzt waren viele Gärtner dabei, Pflanzen zu setzen. Außerdem gibt es viele kleine Papageien dort, für die hoch in den Bäumen Vogelnester angebracht wurden.
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Am Sonntag sind wir dann noch mit der Fähre auf die Büyükada, die größte der Prinzeninseln gefahren.Man fährt von Kadıköy in etwa 1 Stunde und 20 Minuten in den Süden der Stadt. Erstaunlich ist dabei, dass man immer weiter und weiter fährt, die Stadt aber einfach niemals aufhört. Bis zum Schluss konnten wir kein Ende der Stadt sehen. Büyükada ist die letzte Station der Fährfahrt, sodass wir auch vorher schon einen Blick auf die anderen wirklich hübschen Inseln werfen konnten. Alle Inseln sind (größtenteils) Auto-frei, wobei das in erster Linie bedeutet, dass fast nur Elektrofahrzeuge fahren (viele Roller, Fahrräder, …); nur Krankenwagen haben wir mit Motor gesehen. Büyükada besteht zu einem riesigen Teil nur aus Wald. Das in Verbindung mit der unglaublichen Stille ist wirklich ein krasser Kontrast zum Stadtleben in Istanbul, wo es eigentlich nie grün geschweige denn ruhig ist. Man kann dort gut entweder ein Fahrrad mieten oder unterschiedlich lange Kutschfahrten machen. Da wir nicht ausreichend Zeit für eine Fahrradtour hatten, haben wir uns für eine kurze Kutschfahrt entschieden, um wenigstens ein wenig mehr als nur die Fähranleger und das Drumherum zu sehen. Und das hat sich auf jeden Fall gelohnt! Für gut 20€ fährt man eine knappe Stunde über die Insel und kann die Stille, die Natur, aber auch die beeindruckenden Häuser/Villen bestaunen. Die Kutschpferde sahen überraschend gesund aus – wir haben auch andere gesehen, die eher vor die Kutsch-Taxen gespannt waren, die deutlich magerer waren.
Auf der Insel liefen (natürlich) auch unglaublich viele Katzen herum. Neben den Straßenkatzen, die es auch sonst überall in der Stadt gab, liefen aber auch viel zu süße und zutrauliche Babykatzen herum. Eine hätte ich fast mitgenommen – sie ist uns beim Weggehen noch hinterher gelaufen.
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In den drei Tagen haben wir auch viel Essen probiert – vor allem Fischgerichte waren super, aber auch einfache Gerichte wie Linsensuppe oder Lahmacun haben sehr gut geschmeckt. Dazu natürlich immer einen çay. Unterwegs haben wir häufig einen der leckeren frisch gepressten Säfte getrunken – Geheimtipp: Orange mit Granatapfel gemischt! Zum Essen bekommt man immer Brot gereicht. In einem Restaurant haben wir frisch gebackenes Brot bekommen:
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… habe ich viel gearbeitet. Das Praktikum läuft gut: Ich betreue ca. 4 Tage die Woche die Ausstellung „Mathematik zum Anfassen“ mit. Eine wunderbare Ausstellung, die mir als Schülerin viel geholfen hätte! In 16 Exponaten können die SchülerInnen mit mathematischen Phänomenen (Spiegel, Symmetrie, Wahrscheinlichkeit, Logisches Denken, Codes, …) experimentieren, diese erfahren und verschiedene Dinge ausprobieren. Das ganze läuft in den allermeisten Fällen zweisprachig, sodass die SchülerInnen auch in DaZ/DaF geübt werden. Da die SchülerInnen bisher immer unglaublich viel Spaß hatten, arbeite ich dort sehr gern! Ich mache die Einführungen in die Ausstellung, helfe bei den Exponaten (ja ja, ich lege einen Somawürfel jetzt in weniger als 10 Sekunden), unterstütze bei deutschen Formulierungen und lerne selbst noch das eine oder andere Wort auf Türkisch.
Außerdem sind wir gerade mitten in den Vorbereitungen für den Deutschlehrertag in zwei Wochen. Da bin ich schon sehr gespannt drauf, weil ich so viel selbst mit organisiert, vorbereitet und kommuniziert habe. Manchmal bin ich dabei so in die Arbeit vertieft, dass ich abends auf die Uhr schaue und die Überstunden schon angelaufen sind.
An diesem Wochenende und nächste Woche unterstütze ich außerdem bei der International Book Fair Istanbul, bei der auch die Frankfurter Buchmesse zu Gast sein wird. Neben verschiedenen Schülerworkshops werde ich SchriftstellerInnen betreuen und z. B. auch an einer Bootsfahrt mit lyrischem Programm zum Thema „Lyrik und Wasser“ teilnehmen. Das wird sicher spannend, allein schon, weil ich die AutorInnen kennenlernen werde!
Mein Projekt „Hausaufgabenbetreuung“ läuft nun auch in der zweiten Woche. Es kommen mal mehr, mal weniger Lernende, aber es ist immer super! Gerade heute war es sehr spannend, weil ich nur mit Lernenden gearbeitet habe, die gerade erst angefangen haben, Deutsch zu lernen und auch kein Englisch oder sonst irgendeine andere Sprache können. Aber auch das funktioniert und das ist schön zu sehen.
Also: Es ist viel los, viel abwechslungsreich und das finde ich total gut so! Ich bin mit all der Organisation und gleichzeitig der Arbeit mit den SchülerInnen voll in meinem Element und freue mich jetzt vor allem darauf, auch noch mit DeutschlehrerInnen zu arbeiten.

… war Atatürks Todestag. Am 10.11. ist besonders in Kadıköy viel Trubel, weil alle den Todestag gedenken. Die Fackeln an der Atatürk-Statue an den Fähranlegern waren heute angezündet, Kränze wurden abgelegt, Fahnen wehten und Menschen versammelten sich dort. Viele habe ich mit einem kleinen Bild von Atatürk angesteckt an die Jacke oder den Pullover gesehen. Ich finde, es ist wirklich etwas Besonderes, wenn so viele Menschen gleichzeitig in Gedenken sind.
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Viel schön!

Jeden Tag fühle ich mich ein bisschen mehr zu Hause.

Am Wochenende bin ich allein feiern gegangen, habe die Bars in meinem Viertel erkundet und sehr nette Menschen kennengelernt! Ich habe auch festgestellt, dass ich quasi vollständig von KünstlerInnen umgeben bin, was ich schön finde: nicht so eintönig. Ich habe also eigenen Anschluss in der Stadt gefunden, was durchaus ein Gefühl von zu Hause gibt 🙂

Mein Zimmer mache ich mir Stück für Stück gemütlicher – ich habe nun einen Teppich (ja: sehr türkisch!), der noch bei meiner Mitbewohnerin übrig war. Das macht es viel wohnlicher.

Bei meinem Praktikum bekomme ich nun auch immer mehr anspruchsvollere Aufgaben, was ich gut finde. Ich arbeite selbstständig, mache mir eigene Tagespläne. Heute habe und morgen werde ich in einem Sprachkurs im Programm der Vorintegration hospitieren: Menschen, die im Rahmen der Familienzusammenführung nach Deutschland gehen möchten, müssen nach entsprechenden Richtlinien eine Sprachprüfung A1 ablegen. Ich hospitiere nun in den Kursen, um mich schonmal mit den Arbeitsweisen und Inhalten vertraut zu machen, um dann ab November wöchentlich eine Hausaufgabenhilfe/Nachhilfeunterricht anzubieten – dann habe ich mich eigenes Projekt!
Bis dahin steht nun aber erstmal eine Großveranstaltung an „European Day of Languages“. Ein ganz spannendes Projekt wie ich finde, bei dem ich am Wochenende auch dabei sein werde.
Also: Es geht voran und vor allem bergauf! Weniger Büroarbeit, mehr praktische Erfahrung – perfekt!

Auf dem Weg von der Arbeit nach Hause freue ich mich immer noch jeden Tag über die Sonnenuntergänge (momentan mit die einzigen Fotos, die ich mache – sonst ist es ja vor allem Alltag), die sich ganz nach Wolkenlage unterscheiden. Gestern und heute morgen hat es geregnet, die Wolken sind langsam weg gezogen, aber ein paar waren heute Abend noch da – das ist das Titelbild des Beitrags.
Angekommen in Kadıköy sah der Sonnenuntergang dann so aus:

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Außerdem habe ich gestern und heute von der Fähre aus Delphine gesehen. Das war dann die richtige Vollendung der Romantik. Gestern sind fünf Delphine vor einem Boot her gesprungen, heute waren es „nur“ 2, die in der Nähe der Fähre geschwommen sind. Man sieht hier wohl manchmal Delphine, aber doch eher selten – ich hatte also doppelt Glück! 🙂

Auch die Abende an der Promenade bei mir im Viertel sind vom Blick her sehr schön. Nun habe ich durchaus einen guten Spaziergang-Weg gefunden:

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(All)Tageseindrücke

Ich stehe also morgens auf, gehe aus dem Haus und fahre mit der Fähre nach Europa. Egal wie windig setze ich mich dann meistens nach draußen aufs Deck, trinke meinen çay und genieße u. a. diesen Ausblick:

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In Karaköy angekommen sehe ich jeden Morgen den Mann am Fähranleger, der Nagelpflegesets und Gürtel verkauft und den Herrn beim Eingang der Unterführung, der Taschentücher anpreist. Es ist schön, jeden Tag Bekanntes in dem großen Durcheinander der Stadt wiederzufinden. Ich merke, dass ich mich für den Herrn mit den Taschentüchern richtig freuen kann, wenn sein Sack voll Taschentücher-Packungen abends nur noch halb so voll ist wie morgens. Durch die Unterführung durch steige ich in die Seilzug-Bahn im „Tünel“ ein und fahre den Berg bis zur İstiklal, einer großen Einkaufsstraße im Zentrum, hoch. Diese Straße laufe ich dann entlang, bis ich zum Goethe-Institut abbiege. Die İstiklal schläft nie – immer ist etwas los, immer sind Menschen unterwegs. Morgens freue ich mich immer über die vielen Katzen, die einen älteren Herren begrüßen, der sein Geld damit verdient, dass man sich auf seiner Waage wiegen kann. Zugegebenermaßen wirkt der Mann eher unfreundlich, aber Katzen sind einfach tolle Tiere..

Nach meinem Arbeitstag laufe ich die İstiklal zurück und habe erschrocken entdeckt: Die Weihnachtsbeleuchtung hängt schon und wird abends bereits angeschaltet! Hätten die nicht wenigstens bis November warten können? Ich habe heute noch Sandalen getragen…
Abends ist die Straße noch viel belebter als morgens, viele Straßenmusiker spielen v. a. türkische Musik. Mir gefällt es, wie sehr Straßenmusik noch wertgeschätzt wird – es stehen eigentlich um jede Gruppe Menschen, hören zu, machen Bilder und Videos und geben dann auch Geld. Auf meinem Weg nach Hause fahre ich nicht durch den Tünel, sondern laufe den Berg runter am Galata-Turm vorbei.

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Häufig beeile ich mich, um die Fähre nicht genau zu verpassen und dann 20 Minuten warten zu müssen. Trotzdem mag ich den Weg, finde es spannend, so viele verschiedene Menschen zu sehen. Manchmal bleibe ich kurz stehen, um etwas genauer zu sehen, besser mitzubekommen, besser beobachten zu können. Auch auf der Rückfahrt mit der Fähre setze ich mich meistens raus, wobei es dann doch manchmal zu kalt wird. Abends sind immer Musiker auf der Fähre, die manchmal gut, manchmal gar nicht gut sind – aber auch hier gilt: Die meisten Passagiere klatschen nach den Stücken, viele geben Geld im Anschluss. Wenn die Fähre ablegt, geht die Sonne meistens gerade unter, wenn ich ankomme, ist es fast schon dunkel geworden. So entstehen ganz viele verschiedene Farben am Himmel, die mich jeden Tag wieder beeindrucken..

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Mein Praktikum läuft seit dieser Woche und ich habe schon jetzt viele verschiedene Eindrücke gewinnen können. Die KollegInnen im Büro sind alle sehr freundlich und ich weiß mittlerweile schon einigermaßen, mit welchem Anliegen ich zu wem gehen kann. Seit gestern habe ich auch einen Schlüssel für das Büro, sodass ich mich deutlich akzeptiert fühle, auch wenn ich immer noch auch deutlichen Praktikanten-Status habe. Bisher habe ich mich viel mit Anmelde-Tabellen auseinandergesetzt, Bücher digital erfasst und andere stupide (wenn auch natürlich (!) sehr sehr wichtige) Arbeit erledigt. Ich konnte aber auch z. B. eine Rallye für SchülerInnen überarbeiten und so ein wenig praktischer arbeiten. Immerhin weiß ich, wofür die Verwaltung ist: Ab nächstem Monat wird es viele Veranstaltungen geben, die ich dann auch aktiv mit betreuen kann, sodass ich mal aus dem Büro raus komme. Gestern gab es einen Empfang für eine neue Abteilungsleiterin mit gutem Wein, leckerem Essen und viel Smalltalk – sehr anstrengend. Ich bin einfach nicht gut in „sehen und gesehen werden“ und „ich bin die beste in was auch immer“. Trotzdem war es spannend dabei zu sein und auch so etwas zu erleben. Und: Der Ausblick von der Dachterrasse auf fast ganz Istanbul bei Nacht war es sowieso wert.
Meine bisherige Arbeit scheint aber sehr wertgeschätzt zu werden: Heute haben sich verschiedene Leute bereits dafür eingesetzt, dass ich schneller mal aus dem reinen Büro-Leben raus komme, mehr machen kann. Immerhin! Ich bin auf jeden Fall gespannt auf die nächste Zeit, wenn es nicht nur darum geht, Namen in Tabellen einzugeben.

Über mein Zuhause freue ich mich immer noch. Die Lage ist einfach perfekt und die Menschen sehr freundlich und aufgeschlossen. Das Titelbild dieses Beitrags ist der Blick vom Fähranleger (ich laufe 10 Minuten dorthin) auf die europäische Seite – in klein zu sehen sind die Blaue Moschee, die Hagia Sophia und der Topkapı Palast. Die Verkäufer an den Marktständen kennen mich mittlerweile, freuen sich über mein gebrochenes Türkisch und versuchen, mir das Obst und Gemüse auf Türkisch beizubringen – dabei bin ich doch schon froh, wenn ich die Zahlen verstehe!
Es ist schön, sagen zu können, dass ich ein Zuhause habe. So fühlt es sich auch an. Für dieses Wochenende habe ich mir vorgenommen, mir mein Zimmer noch gemütlicher einzurichten, etwas an die Wände zu hängen. Das Wohnzimmer ist jedoch so groß, dass ich sowieso die meiste Zeit dort verbringe. Übrigens spannend: Wir haben keinen Fernseher, weil der (mal freihand aus dem Englischen übersetzt) „vorgefertigte politische Mist mich nicht den ganzen Tag von überall nerven soll“.
Meine Mitbewohnerin und mein Mitbewohner sind beide super nett, wenn auch häufig nicht zu Hause oder mit anderen Dingen beschäftigt. Trotzdem schaffen wir es, manchmal Zeit zusammen zu verbringen, ein Bier zusammen zu trinken. Aber auch das habe ich mir für dieses Wochenende vorgenommen: Mehr Leute kennenlernen! Große Pläne für so einen kurzen Zeitraum, aber auch ein großes Bedürfnis. Es ist schon komisch, all die vielen Menschen, die ich sonst so kenne und jeden Tag sehe, nicht mehr ums Eck zu haben. Gleichzeitig ist es aber auch ganz schön und gut, mal Zeit für mich zu haben und zur Ruhe zu kommen (Ich zwinge mich sogar, gerade noch nichts für die Uni zu machen – gar nicht mal so leicht!).
Schließlich bin ich doch erst zwei Wochen hier.. Es fühlt sich einerseits viel kürzer an, weil noch so viel ungewohnt ist; andererseits fühlt es sich viel viel länger an, weil ich bereits so viel gesehen und so viele verschiedene Sachen erlebt habe.

Spaß mit Türkisch hatte ich bisher jeden Tag. Beim Bestellen des Mittagessens bin ich eigentlich nie sicher, was ich wirklich bekommen werde – einen Tag bin ich von Kürbismuß mit Reis und Joghurt ausgegangen, bekam aber Hackfleisch mit Zucchini, Reis und Joghurt. Immerhin: Reis und Joghurt sind Wörter, die ich mir merken kann; für den Rest gebe ich Google-Translate die Schuld. Sehr lecker ist, wie ich finde, Menemen. Das ist für mich „türkisches Rührei“. Das Gericht besteht aus Eiern, Käse, Tomatensauce, Paprika und Zwiebeln und wird vermischt; dazu gibt es Brot.
Beim Einkaufen im Supermarkt habe ich auch so meinen Spaß – oder werde böse, weil ich zu ungeduldig bin. Ich war nach einem langen Arbeitstag auf der Suche nach fertiger Tomatensauce und habe keine gefunden. Also wollte ich passierte Tomaten kaufen, um mir möglichst schnell selbst eine Sauce machen zu können. Zu Hause angekommen durfte ich dann feststellen, dass ich eine große Dose (ja, eine der sehr großen Dosen) Tomatenmark gekauft hatte. Wer verkauft denn Tomatenmark in riesen Dosen?
Nach der Zeit, die ich nun doch schon hier bin, kam ich natürlich nicht drum herum, auch mal meine Wäsche zu waschen. Dann stellte ich fest, dass die Waschmaschine (auch dumm, anderes anzunehmen) vollständig auf Türkisch beschriftet ist und natürlich auch mehr als nur ein Mal ein 40-Grad-Programm anbietet. Ich saß so lange auf dem Boden vor der Waschmaschine mit meinem Wörterbuch und Handy-Übersetzungen, dass sich sogar der Kater zu mir gesellte.. Aber immerhin: Ich hab’s geschafft! Die Wäsche ist sauber und nicht eingelaufen.Nach all diesen, rückblickend doch sehr witzigen, Situationen habe ich noch mehr als zuvor das Bedürfnis, Türkisch besser zu lernen. Aber gar nicht mal so leicht, wenn zu Hause eigentlich nur Englisch und auf der Arbeit eigentlich nur Deutsch gesprochen wird. Es muss endlich ein Türkischkurs her..! Bis dahin lerne ich noch jeden Tag ein paar neue Wörter und erweitere so immerhin meinen Wortschatz. Zu meinen momentanen Errungenschaften gehören u. a. bis morgen yarın görüzürüs und scharf acı (was passenderweise gleichzeitig auch „Schmerz“ bedeutet).